Lauschbar 40 13. April 2008

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Blackmail: Tempo Tempo (City Slang) 28.3.2008
Mit schöner Regelmäßigkeit im Abstand von 2-3 Jahren beglückt die seit 1994 existierende Band aus Koblenz die Indie-Rock-Fans mit hochwertigen Alben. Und wer die bisherigen Platten von Blackmail mag, kann auch bei dem vorliegenden 6. Studioalbum ohne Zögern zugreifen, denn sie hält das Niveau der Vorgänger. Größere Neuerungen sind nicht zu verzeichnen, dafür die bekannten Trademarks der Band:
abwechslungsreiche bis komplexe Songstrukturen auf der Basis von satten und treibenden Gitarrenriffs werden durch eingängige Refrains aufgelockert, die sich dank der starken Stimme von Sänger Aydo ohrwurmhaft in die Gehörgänge winden.
  ↑  Dust Galaxy: Dust Galaxy (ESL) 9.11.2007
Rob Garza from Thievery Corporation goes Rock!

Und das ist schon eine kleine Überraschung, denn erstens kennt und schätzt man das Washingtoner Duo ja eher für ihre elegante Downbeat-Mugge, und zweitens macht Rob Garza seinen Soloausflug in rockige Gefilde richtig gut. Unterstützt wird er dabei von Musikern von Primal Scream und Cornershop. Die beiden genannten Bands geben auch eine ganz gute Vorstellung über die musikalische Richtung: psychedelisch angehauchter Rave-Rock.
Die Palette reicht dabei von ruhigereren Liedern, wie der Dub-TripHop-Fusion "Sons of Washington", über wahre Groove-Monster, wie dem Stück "Mother of Illusion", bis hin zu richtig rockigen Tracks, wie etwa dem knackigen "Limitless", das sich in jeder Indie-Rock-Disco gut macht und auch bereits im <bc>-Club seine Bewährungsprobe bestanden hat :)

  ↑  Get Well Soon: Rest Now Weary Head ... (City Slang) 18.1.2008
Mastermind hinter diesem Projekt ist der 25-jährige Schwabe, Multiinstrumentalist und Komponist Konstantin Gropper, und sein bereits sehr reif klingendes Debüt war die erste Riesenüberraschung des Jahres. Bereits als Kind erfuhr er eine klassische Musikausbildung, als Jugendlicher spielte er in einer Grunge-Band, absolvierte später die Popakademie in Mannheim, und begann dann vor 3, 4 Jahren mit der Konzeption des Albums.
Auf diesem verarbeitet er verschiedene musikalischhe Einflüsse, u.a. epischen Rock a la Muse, subtilen Alternative-Rock/Pop a la Radiohead, Folk und osteuropäische Folklore zu einem ganz eigenen und faszinierenden – teils bizarren, teils intimen – Soundkosmos mit melancholischem Grundtenor.
Das Ganze wird opulent inszeniert mit allerlei Instrumenten wie Piano, Streicher, Trompeten, Banjo, Glockenspiel sowie Chören und Samples.
  ↑  Slut: Still No.1 (Virgin/EMI) 25.1.2008
Neben Blackmail gehört die seit 1995 bestehende Band aus Ingolstadt für mich zu den besten deutschen Indie-Rock-Bands. Auch sie liefern beständig gute Alben ab. Nach dem reduzierten und rauhen Rock-Ansatz der beiden Vorgänger knüpft das vorliegende sechste Album wieder an die ausschweifende Eleganz von "Lookbook" aus 2001 (LB12) an:
alle Songs enthalten schöne bis wunderschöne, melancholisch gefärbte Melodien, seien es schnellere schrammelige Indie-Gitarren-Rock/Pop-Nummern oder ausgefeilte, mit Synthesizer und elektronischen Spielereien ausgeschmückte Rock-Epen.
  ↑  Adam Green: Sixes & Sevens (Rough Trade) 7.3.2008
Auf seinem 5. Solo-Album beschreitet der New Yorker unbeirrt seinen, bereits auf den letzten beiden Alben begonnenen Weg fort vom schrulligen Singer/Songwriter hin zum vielseitigen Entertainer. Die Ideen scheinen ihm nur so zuzufliegen für seine Songs, und kein Stil und keine musikalischen Mittel scheinen ihm zu abwegig, als dass sie nicht verarbeitet werden könnten. Und so hören wir diesmal neben niedlichen Indie-Pop-Songs auch Gospelchöre, Rap, aufwendig mit Orchester inszenierten Motown-Soul, Panflöten-Latin-Folk und Voodoo-Blues.
Manche Kritiker werfen ihm dieses Springen zwischen den Stilen vor, für mich ist es dadurch eine sehr unterhaltsame und kurzweilige Platte ...
  ↑  Rodrigo Y Gabriela: Rodrigo Y Gabriela (PIAS) 15.2.2008
Rodrigo Sanchez und Gabriela Quintero haben sich als Teenager in Mexico City kennen gelernt. Ihre musikalische Vorliebe galt zunächst der Metal-Musik, die sie Anfang der 90er auch in einer Band auslebten. Dann jedoch entdeckten sie ihre Passion für die Akustik-Gitarre. Nur mit 2 Gitarren im Gepäck lässt es sich auch leichter reisen, und so machten sie sich Ende der 90er nach Europa auf, wo sie sich zunächst als Straßenmusikanten durchschlugen. Ihre Kunstfertigkeit auf der Akustik-Gitarre blieb jedoch nicht lange "unentdeckt" und so konnten sie 2003 ihr Studio-Debüt "Re-Foc" veröffentlichen. 2006 folgte ein Live-Album und nun also das 3. Werk, auf dem sie eine faszinierende und feurige Mischung aus Rock, Flamenco und Jazz darbieten. Wenn man noch bedenkt, dass sie alles, auch die Percussion, alleine mit ihren Gitarren bewerkstelligen, dann bleibt einem vor lauter Staunen und Bewunderung der Mund offen ...
Vergleiche mit dem Akustik-Gitarren-Meilenstein-Album "Friday Night In San Francisco" von Al DiMeola, Paco De Lucia und John McLaughlin sind keineswegs weit hergeholt.
  ↑  Christian Prommer’s Drumlesson: Drum Lesson Vol.1 (Sonar Kollektiv) 1.2.2008
Der Münchener begann seine musikalische Laufbahn zunächst am Schlagzeug, bevor er dann Anfang der 90er in elektronische Gefilde abdriftete und sich in renommierten Projekten wie Fauna Flash, dem Trüby Trio und Voom-Voom um Drum’n’Bass, Downbeats und Techno verdient machte. Auf seinem ersten "Solo"-Album kehrt er zu seinen Wurzeln zurück und spielt zusammen mit Roberto Di Gioia am Piano, Wolfgang Haffner an einem 2. Schlagzeug, Dieter Ilg am Bass sowie Perkussionist Ernst Ströber Klassiker aus seinen DJ-Sets, u.a. von Kraftwerk und Daft Punk, im Jazz-Gewand neu ein.
Das ist rhythmisch anspruchsvoll, aber auch für den Nicht-Jazz-Fan nachvollziehbar und hörenswert.
  ↑  Mattafix: Rhythms & Hymns (EMI) 23.11.2007
Vor 2 Jahren gelang dem Londoner Multi-Kulti-Pop-Duo Marlon Roudette und Preetesh Hirji gleich mit ihrer ersten Single "Big City Life" von ihrem Debüt "Signs Of Struggle" der große Durchbruch. Das neue Album ist insgesamt Beat-lastiger und sie erweitern darauf ihre bewährte und eingängige – zuweilen etwas zu seichte – Mixtur aus Pop, HipHop, Reggae und Calypso um Dancehall-Elemente und Einflüsse aus der afrikanischen Folklore.
Letztere prägt besonders deutlich die Single "Living Darfur", in der sie den Alltag der Menschen in der vom Bürgerkrieg geplagten sudanesischen Region Darfur thematisieren.
  ↑  Lupe Fiasco: The Cool (Atlantic/Warner) 7.3.2008
Für sein Debüt "Food and Liquor" bekam der aus Chicago stammende Rapper 2006 zwar 3 Grammy-Nominierungen, konnte die "Massen" damit aber nicht erreichen. Das dürfte sich mit diesem 2.Album nicht groß ändern: zwar bietet es einige eingängige Mainstream-taugliche Momente, ingesamt ist es aber eine recht anspruchsvolle Kost, ist es doch als Konzeptalbum angelegt, das auf komplexe Weise das Leben eines Kriminellen beschreibt. Angenehm dabei ist, dass er seine unbestreitbaren Rap-Skills (besonders beeindruckend im Track "Go Go Gadget Flow" zu hören) nicht permanent in den Vordergrund spielt, sondern auch Raum für Melodien und diverse Gast-SängerInnen lässt.
  ↑  Gnarls Barkley: The Odd Couple (Warner) 4.4.2008
Der Zweitling des ungleichen, sich aber perfekt ergänzenden Paares aus Produzent Danger Mouse & Sänger Cee-Lo Green bedient geschickt die hohen Erwartungshaltungen, die der Überraschungserfolg ihres Debüts "St. Elsewhere" mit dem daraus stammenden Mega-Sommerhit des Jahres 2006, "Crazy", geweckt hat: zum einen bietet es die bekannte, bunte und schrille Mixtur aus Soul, Gospel, HipHop und irren Beats, zum anderen aber auch ein paar neue Facetten, z.B. Garage-Rock und TripHop.
Einmal mehr beeindruckend die (im wahrsten Sinne des Wortes) wahnsinnige Stimme von Cee-Lo, besonders intensiv zu hören auf dem neuen Schmuse-Hit "Who’s Gonna Save My Soul".
  ↑  Hot Chip: Made In The Dark (EMI) 1.2.2008
Die "Saure-Gurken-Zeit" um den Jahreswechsel, in der kaum neue Studioalben erscheinen, ist nun vorbei und mit dem ganz brandaktuellen dritten Album der britischen Formation liegt mir gleich ein erstes Kleinod dieses Jahres vor. Mit dem Vorgängeralbum "The Warning" aus dem Jahr 2006 und dem darauf enthaltenen eigenwilligen Indie-Pop konnten sie bereits ein Achtungszeichen setzen. War "The Warning" rhythmisch jedoch noch eher verhalten, so legen sie auf dem neuen Album in Sachen Beats und Dynamik deutlich zu. Wahrscheinlich sind dabei auch die Erfahrungen zahlreicher Konzerte der letzten beiden Jahre eingeflossen. So legten sie z.B. auch schon auf dem Melt!-Festival im Juli letzen Jahres ein mitreißendes Live-Set vor, das ich nach "The Warning" so nicht erwartet hatte und für mich (auch deswegen) zu den Highlights des Festivals gehörte.
Trotz auch einiger schöner ruhigerer Stücke kann man das neue Album ruhig zur Sparte Dancefloor zählen, denn es sind vor allem die schnelleren Tracks, die durch ihre vertrackten, teils von Tribal- und Samba-Rhythmen inspirierten Beats sowie zahlreiche musikalische Ideen und Wendungen auffallen. Wegen ihrer Schrulligkeit werden es die Stücke aber wohl nur in die Indie-Diso schaffen. Man muss nicht jeden Song mögen, aber für ihr angenehm intelligent-verschrobenes Indie-Dance-Pop-Verständnis muss man sie einfach gern haben.
  ↑  The Orb: The Dream (Stereo Deluxe) 15.2.2008
Die britischen Elektronik-Pioniere um Alex Paterson, die Anfang der 90er das Genre des Ambient House maßgeblich mit begründeten und den Weg für Projekte wie Future Sound Of London und Orbital ebneten, kehren nach eher experimentellen Alben mit dem neuen wieder zurück zum träumerischen Sound ihrer Anfangsjahre: Dub-Reggae, orientalische Klänge und Sprach-Samples auf spacigen, elektronischen Klangteppichen.
Mit ein paar Tracks schielen sie auch auf den Dancehall-Tanzboden, was aber wegen der nicht so überzeugenden SängerInnen für meinen Geschmack nicht so gelungen ist.